Produktionsplanung und -Steuerung (PPS)

1.4 Produktionsplanungs- und Steuerungselemente (PPS)

Um in Zukunft im internationalen Wettbewerb weiterhin erfolgreich bestehend zu können, müssen Unternehmen versuchen, den veränderten Marktbedingungen gerecht zu werden.

Die Unternehmen müssen

  • den Kostendruck, aufgrund der zu erwartenden Preissenkungen im Rahmen eines europäischen Binnenmarktes, als auch den zunehmenden Konkurrenzdruck durch Länder mit dollarkursgebundener Währung im Inlandsmarkt,
  • den Nachfragerückgang exportierender Länder, sowie
  • Kostennachteile aufgrund der hohen Arbeitskosten und der kurzen Arbeitszeiten

durch größere Kundennähe, d. h. flexibles Eingehen auf Kundenwünsche durch Varianten, bessere Qualität, d. h. Vermeidung von Ausschuß durch bessere Fertigungstechnologien, sowie hohe Lieferbereitschaft, d. h. schnellere und pünktlichere Leistung, kompensieren. Des weiteren gilt es, die Kostensenkungspotentiale, die in den Unternehmen vorhanden sind, zu erschließen.

In jedem arbeitsteiligen Produktionsunternehmen existiert eine geregelte Ablauforganisation, nach der sich die betrieblichen Abläufe vollziehen. Sie sind meist geprägt von unzähligen Direktkontakten und wenig formalen Zwängen. Das betrifft sowohl die Führungsorganisation, in der Verantwortlichkeit, Kompetenz und hierarchische Stellung festgelegt sind als auch die Arbeitsorganisation, in der es um die unmittelbare Realisierung der Aufträge geht.

Diese nach Taylor gewachsenen Aufbau- und Ablauforganisationen führten zur Trennung zwischen Planung, Steuerung, Kontrolle einerseits und Ausführung der Arbeit andererseits. Damit einher ging neben der Aufteilung und Spezialisierung in den fertigenden Bereichen auch die Entwicklung zu einer Vielzahl der Fertigung vor- und nachgelagerter kaufmännischer und technischer Abteilungen.

Da ein Unternehmen immer auch ein informationsverarbeitendes System ist, entwickelten sich eine Vielzahl informeller Schnittstellen, Überschneidungen und Abhängigkeiten. Der Anteil der nicht mit der unmittelbaren Produktion befaßten Tätigkeiten und Personen wächst ständig an. Durch Entwicklungsarbeiten wurden in den produzierenden Bereichen erhebliche Fortschritte erzielt. Jedoch blieben die erst genannten von der "Automatisierung" über lange Zeit "verschont". Somit baute sich ein Nachholbedarf für diese Bereiche auf, der das wesentliche Rationalisierungspotential der kommenden Jahre darstellt.

Mit der rasenden Entwicklung der Technik und Software stehen jetzt kostengünstige Möglichkeiten zur Erschließung dieser Potentiale zur Verfügung. Die Funktionalitäten derartiger Systeme umfassen mittlerweile alle Bereiche.

Entsprechend einschneidend wirken Entscheidungen über den Einsatz eines solchen Systems auf die Gesamtsituation des Unternehmens: Seinen Niederschlag sollte dies in der Zusammensetzung des dafür erforderlichen Projektteams finden.

Das Problemfeld der PPS-Einführung läßt sich nicht losgelöst von den nicht unmittelbar betroffenen Bereichen betrachten. Vielmehr stellt es aufgrund seiner zentralen Bedeutung den Schwerpunkt in einem' notwendigen Gesamtkonzept dar. Nur so lassen sich viele Rationalisierungsmöglichkeiten erschließen.

1.4.1 Problemstellung und Vorgehensweise

Die Ansicht, daß allein die Einführung eines PPS-Systems ausreicht, diese Rationalisierungspotentiale zu erschließen, hat sich oftmals als trügerisch erwiesen. Tatsächlich belegen viele "PPS-Leichen" in der Industrie, daß wichtige vorbereitende Maßnahmen vor der Einrichtung eines EDV-Sytems oftmals nicht durchgeführt wurden. Auf die Frage "Welche Gründe gibt es für diese PPS-Leichen?" gibt es im wesentlichen die folgende Antworten:

Die Zielsetzungen für die PPS-Einführung sind gegenläufig bzw. schließen sich gegenseitig aus, es fehlt eine klare Zielformulierung (Bild Zielkonflikte des PPS-Einsatz). Eine exakte Zieldefinition ist daher erforderlich

Der unstrukturierte Materialfluß im Unternehmen verursacht erhebliche Aufwendungen für den innerbetrieblichen Transport bzw. Zwischenverkehr und führt zu oftmals stark vernetzten Produktionsabläufen. Die Folge sind dann mangelnde Transparenz sowie komplizierte Steuerungsaufgaben.

Viele Unternehmen haben versäumt, ihrem erfolgten Wachstum durch eine Anpassung ihrer Aufbauorganisation gerecht zu werden. Die Folge ist, daß Überschneidungen der Kompetenzbereiche sowie zu umfangreiche Aufgabenbereiche der Mitarbeiter den erfolgreichen Einsatz eines PPS-Systems a priori in Frage stellen.

Nur die Installation eines PPS-Systems kann strukturelle Probleme nicht lösen, vielmehr sind diese vor der PPS-Einführung erforderlich.

Eine in vielen Unternehmen anzutreffende Schwachstelle ist die unwirtschaftliche Ablauforganisation. So ist z. B. vielfach die Auftragsabwicklung durch eine vollständige Trennung des Vertriebs von der Konstruktion bzw. Disposition und der Beschaffung gekennzeichnet. Erhebliche Defizite bestehen somit in der Abstimmung der Funktionsbereiche Vertrieb/Produktion/Einkauf, Oft ist in den Unternehmen eine falsche Ablauforganisation verwirklicht (z. B. Werkstattprinzip in der Serienfertigung). Eine häufig anzutreffende Schwachstelle ist die Bestandsführung. Diese äußert sich sowohl in der räumlichen Lageranordnung als auch in der Lagerverwaltung. Aktuelle Bestandsinformationen sind meist nur nach einer Inventur verfügbar; unter diesen Bedingungen liefert natürlich auch eine EDV-unterstützte Bestandsführung keine aussagekräftigen Daten für die Fertigungssteuerung. Ebensowenig kann dann eine Materialdisposition über PPS zu den erwünschten Bestandsreduzierungen führen.

Im Rahmen der Vorbereitung, Einführung und Inbetriebnahme eines PPS-Systems im Unternehmen wird von vielen Anwendern die Komplexität des Geschehens im Bereich PPS unterschätzt. Infolgedessen wird dem Auswahlprozeß, der organisatorischen Vorbereitung und der Einführung nicht die notwendige Beachtung geschenkt.

Die größte Schwachstelle ist die Qualität der Grunddaten. Zu nennen sind hier im wesentlichen die Qualität und die Struktur sowohl der Stamm- als auch der Bewegungs- und Steuerdaten. Die Daten sollen so strukturiert sein, daß mit ihrer Hilfe das Betriebsgeschehen hinreichend genau und aktuell abgebildet werden kann. Das bedeutet, daß Vorgabezeiten so geplant sein müssen, daß mit ihrer Hilfe eine realistische Kapazitätsbelegung und -terminierung durchgeführt werden kann. Lagerbestände sind so zu führen, daß Buchung und körperliche Bestände übereinstimmen. Vorlaufzeiten, Beschaffungszeiten und alle den Auftragsablauf betreffenden Daten müssen der Realität entsprechen. Die Realität sieht jedoch so aus, daß die Daten teilweise unvollständig und deren Qualität (pauschale Übergangszeiten, Durchschnittswerte) und Aktualität nicht den Erfordernissen entspricht. Die Folge sind fehlende/falsche Informationen, die die Produktionsplanung zur Farce macht.

Auch nach der Einführung des PPS-Systems kommt der Qualität der Daten eine große Bedeutung zu. Es läßt sich jedoch feststellen, daß der Datenorganisation und dem Änderungsdienst zu wenig Beachtung geschenkt wird. Einige Beispiele: die Daten (Mengen, Zeiten, Abweichungen) werden nicht richtig eingegeben, ablaufbedingte Abweichungen werden nicht erfaßt (aus

Termingründen wird Ersatzmaterial verwendet, eine andere als die vorgesehene Maschine verwendet, aufgetretene Mengenabweichungen nicht vermerkt) . Dies führt in der Konsequenz zur Improvisation und zu Ad-hoc-Entscheidungen, die in der Gesamtheit längeren Lieferzeiten, Störungen und Folgefehlern sowie häufig zu überhöhten Lagerbeständen zur Folge haben. PPS-Systeme können jedoch nur richtige Ergebnisse liefern, wenn sie auf einen gepflegten Datenbestand zurückgreifen können und solche Veränderungen im Rahmen der Betriebsdatenerfassung auch berücksichtigt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Qualifikation der Mitarbeiter. Die Diskrepanz zwischen den Erwartungen an eine PPS-Einführung und der Erfüllung dieser Erwartungen ist zu einem ganz wesentlichen Teil auf die nicht ausreichende Vorbereitung und Ausbildung der Mitarbeiter zur Nutzung der Funktionalität der PPS-Systeme zurückzuführen, woraus auch häufig unzureichende Akzeptanz resultiert. Das Ergebnis ist dann die Überführung des Chaos ohne EDV-Unterstützung in ein Chaos mit EDV-Unterstützung.

All diese Gründe führen dazu, daß weiterhin "operative Hektik" statt vorausschauender Planung vorherrscht und das PPS-System nicht die angestrebte Transparenz im Unternehmen schafft, sondern nur noch Alibifunktion hat. Um einen derartigen Mißerfolg zu verhindern, sind bereits im Vorfeld Maßnahmen zu ergreifen, die die Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz eines PPS-Systems sicherstellen. Dazu gehören:

  • Aufnahme der aktuellen Unternehmenssituation · Reorganisation des Unternehmens
  • Planung der EDV-Infrastruktur
  • die richtige Einführungsstrategie für das PPS-System

1.4.3. Aufnahme der aktuellen Unternehmenssituation

Im Rahmen einer an der Aufbau- und Ablauforganisation sowie dem Materialfluß orientierten Untersuchung müssen die individuellen Ziele für den PPS-Einsatz im Unternehmen festgelegt werden. Kein PPS-System paßt 100 %ig zu Ihren Einsatzbedingungen. Je besser Sie jedoch Ihre Anforderungen definieren, desto besser kann die Auswahl getroffen werden.

Dazu wird zunächst im Unternehmen das Betriebsprofil, die aktuelle Aufbau- und Ablauforganisation, der Materialfluß, sowie die vorhandene EDV-Struktur ermittelt. Ergebnisse dieser Untersuchung sind:

  • eine Betriebstypisierung · ein Organigramm
  • eine Materialflußdarstellung · der Auftragsablauf
  • eine Informationsfluß- und Informationsdichtedarstellung
  • ein Mengengerüst und die Datenstrukturen
  • Kennzahlen des Unternehmensprozesses (Durchlaufzeiten, Bestandsverläufe etc.)

Es gilt, gemessen an den heutigen und perspektivischen Zielen des Unternehmens für jeden Bereich die bestehenden Hilfsmittel, Datenstrukturen, Informationsmedien und -wege, die Aufgabenerfüllung und die Schnittstellen zu angrenzenden Bereichen zu erfassen.

Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird eine Bewertung der Unternehmenssituation in Form von betrieblichen Schwachstellen formuliert.

Es lassen sich Symptome-Ursachen-Beziehungen herstellen und Reorganisationsmaßnahmen ableiten.

1.4.4. Vorbereitende Maßnahmen für die PPS-Realisierung

Die Wirtschaftlichkeit muß von Anfang an im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen. Deshalb sind die damit im allgemeinen verbundenen Zielstellungen wie:

  • Reduzierung der Durchlaufzeiten
  • Steigerung der Flexibilität
  • Produktbereinigung
  • Verringerung der Bestände '
  • Steigerung der Kapazität durch höhere Kapazitätsauslastung
  • hohe Termintreue
  • richtig, aber für den konkreten Anwendungsfall zu abstrakt, zumal teilweise ambivalent. Erst die Umsetzung auf die konkreten Bedingungen und die daraus ableitbaren erforderlichen Maßnahmen zeigen die tatsächlichen Möglichkeiten und realistischen Zielvorstellungen. Wichtig ist in dieser Phase der Blick auf ein erforderliches Gesamtkonzept.
  • Für eine zukunftsorientierte und effiziente Systemgestaltung stellt sich die Realisierung als Prozeß der gegenseitigen Annäherung dar. Geprägt von wirtschaftlichen Überlegungen müssen die Grenzen zur Anpassung der Systemlösung an die anwendungsbezogenen Besonderheiten - und umgekehrt - festgelegt werden.

    1.4.4.1 Reorganisation des Unternehmens

    Entsprechend den Schwachstellen im Unternehmen müssen vorbereitende Maßnahmen für die erfolgreiche Einführung eines PPS-Systems durchgeführt werden. Wie die Praxis zeigt, lassen sich diese Maßnahmen in die bei den Schritte

    • Fertigungsstrukturierung
    • Schaffung einer wirtschaftlichen Aufbau- und Ablauforganisation

    aufteilen. Einzelmaßnahmen dazu sind in den Abbildungen im Anhang exemplarisch dargestellt.

    Ein PPS-System stellt im wesentlichen Funktionen zur Planung, Steuerung und Umsetzung von Aufträgen zur Verfügung. Um dieser Aufgabe sinnvoll gerecht werden zu können, muß dazu zunächst ein unternehmensspezifisches Auftragsabwicklungskonzept vorliegen. Die Schaffung der aufbau- und ablauforganisatorischen Voraussetzung wird somit zum Erfolgsfaktor der PPS-Einführung. Dies gewährleistet, daß störanfällige Prozesse, unabgestimmte Kapazitäten und mangelnde Flexibilität nicht mehr durch überhöhte Bestände vertuscht, sondern mittelfristig gezielt aufgedeckt und abgestellt werden können. In der Praxis wird dieser Punkt jedoch häufig vernachlässigt.

    1.4.4.2 Planung der EDV-Infrastruktur

    Ausgangspunkt der hardwareseitigen Konzeption sind ein mit Datenstrukturen untersetztes Mengengerüst, auf die Zielvorstellungen projektiert, und die für die einzelnen Funktionseinheiten benötigten Arbeitsplätze. Eine weitere Orientierung ergibt sich aus Überlegungen bezüglich der Verbreitung der einzusetzenden Betriebssysteme, Datenbanken, Programmiersprachen und Hardwarebasis. Sie sollten den absehbaren Trends entsprechen. Damit kann das Angebot an Hard- und Software in der Kategorie festgelegt werden. Der erste Schritt der Auswahl sollte jedoch das PPS-System betreffen. Erst im zweiten Schritt sollte die dazu notwendige, detaillierte Hardwarestruktur geplant werden.

    In der Praxis wird allerdings ausgehend von der bestehenden Hardwarestruktur oft ein geeignetes PPS-System ausgewählt. Gründe für diese Vorgehensweise können zum einen finanzieller Natur sein. Zum anderen kann aber auch die Angst vor dem Umstieg auf ein neues Hardwarekonzept (z. B. keine Erfahrung mit dem neuen Betriebssystem) Ursache dafür sein.

    Im Rahmen dieses Beitrags soll dieses Thema nicht näher ausgeführt werden.

    1.4.5 Einführung des PPS-Systems

    Der Prozeß der Auswahl und Einführung eines PPS-Systems in einem Unternehmen muß unter dem Aspekt der Organisations- und Personalentwicklung betrachtet werden. Aus diesem Grund sollte die Einführung in der Regel in einzelnen Einführungsstufen erfolgen. Jede Einführungsstufe kann dabei eine oder mehrere Funktionen der Produktionsplanung und -steuerung umfassen, z. B. Teilestammverwaltung, Bestandsführung. Eine solche Vorgehensweise setzt jedoch einen modularen Aufbau des PPS-Systems voraus. Diese Forderung wird heute von den meisten PPS-Systemen erfüllt.

    Aufgrund der Vielzahl denkbarer Einführungsreihenfolgen ist eine umfassende Darstellung aller Möglichkeiten praktisch nicht möglich. Dies ist jedoch auch gar nicht erforderlich, da sich für bestimmte Zielsetzungen auch ganz bestimmte Reihenfolgen anbieten bzw. gar nicht umgehen lassen.

    Im folgenden sollen die grundsätzlichen Einführungsstrategien, wie die Top-down- und die Bottom-up-, die horizontale, die vertikale Strategie und die Einführungsstrategie mit zeitweisem Parallelbetrieb dargestellt werden.

    1.4.5.1 Top-down-Strategie

    Bei der Top-down-Strategie erfolgt die Reihenfolge der PPS-Einführung entsprechend dem innerbetrieblichen Informationsfluß. Sie beginnt also mit den Sollvorgaben aus der Produktionsplanung und endet bei der Erfassung der Rückmeldungen aus dem Produktionsprozeß. Am Anfang steht dabei immer der Aufbau der Teilestammverwaltung, die den Aufbau sehr großer Datenbestände über Einzelteile, Baugruppen, Enderzeugnisse und Rohmaterialien erfordert.

    Die Vorteile dieser Vorgehensweise sind die zentrale Datenbasis mit redundanzfreier Speicherung der Daten. Des weiteren ist die Gefahr von Fehlentwicklungen sehr gering, da zu Anfang der Projektabwicklung eine Rahmenkonzeption notwendig ist. Da die Vorgehensweise durch den Datenfluß vorgegeben ist, können keine isolierten Insellösungen entstehen, die sich nachträglich nur schwer integrieren lassen.

    Nachteile dieser Vorgehensweise sind hohe Investitionskosten für die Beschaffung der Hardware und der Grundsoftwaremodule zu Projektbeginn, der wirtschaftliche Nutzen dieser Investition zeichnet sich erst nach längerer Anlaufzeit ab. Des weiteren ist als nachteilig anzusehen, daß zunächst umfangreiche Vorarbeiten für den Aufbau der Teilestammverwaltung unerläßlich sind, z. B. müssen die bisher im Betrieb vorhandenen Daten in Karteisystemen überarbeitet, aktualisiert und bereinigt werden und ggf. die Umstellung des Nummernsystems durchgeführt werden. Dieser Vorgang kann sich über einen langen Zeitraum erstrecken, der sich bei Unternehmen des Mittelstands bis zu mehreren Jahren hinziehen kann. Dies kann sich nachteilig auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken.

    1.4.5.2 Bottom-up-Strategie

    Bei der Bottom-up-Strategie erfolgt die Vorgehensweise entgegen dem innerbetrieblichen Informationsfluß. Sie beginnt beim Aufbau der Produktionssteuerung mit der Einführung der Betriebsdatenerfassung und endet bei der Produktionsplanung mit der Termin- und Kapazitätsplanung.

    Der Vorteil der Bottom-up-Strategie liegt im wesentlichen in der schnellen Umsetzbarkeit von Teilfunktionen der PPS. Durch die Einführung der Produktionssteuerung ergibt sich in kurzer Zeit ein wirtschaftlicher Nutzen für das Unternehmen, der von geringen Anfangsinvestitionen begleitet wird.

    Die Kosten für die Hard- und Software fallen nicht wie bei der Top-down-Strategie alle gleich zu Projektbeginn an, sondern verteilen sich über die einzelnen Realisierungsstufen. Das Faktum, daß kurzfristig schon die ersten Erfolge im Projekt erzielt werden, wirkt sich natürlich auch positiv auf die Motivation der beteiligten Mitarbeiter aus.

    Der Vorteil von kaum erforderlichen organisatorischen Vorleistungen kann sich im weiteren Projektverlauf allerdings nachteilig auswirken. Aufgrund eines fehlenden Rahmenkonzepts besteht die Gefahr, daß Teilfunktionen bezogen auf nachfolgende Entwicklungen falsch realisiert werden. Bei der Softwarerealisierung besteht die Gefahr der Dateninkonsistenz und der redundanten Datenerhaltung.

    Als weiterer Nachteil der Bottom-up-Strategie gegenüber der Top-down-Strategie muß die längere Gesamtrealisierungszeit angeführt werden.

    1.4.5.3 Horizontale Einführungsstrategie

    Die Besonderheit der horizontalen Einführung liegt darin, daß stufenweise alle Module zuerst für nur eine Produktgruppe eingeführt werden. Dies kann sowohl nach der Top-down- als auch nach der Bottom-up-Strategie erfolgen. Das Risiko kann dabei reduziert werden und ein sanfter Einstieg ermöglicht ein Hineinwachsen der Mitarbeiter. Nachteilig ist jedoch die längere Einführungsdauer.

    I.4.5.4 Vertikale Einführungsstrategie

    Bei der vertikalen PPS-Einführung werden die Module aller tangierten Produktbereiche eines Unternehmens schrittweise eingeführt. Auch hierbei sind die beiden erstgenannten Strategien anwendbar. Die Einführung erfolgt über der gesamten Breite der Produktgruppen und das damit verbundene Risiko

    muß durch entsprechende Vorbereitungen verringert werden. Diese Strategie besitzt den Vorteil, daß bei gelungener Einführung weniger Zeit benötigt wird, gibt dem Personal aber weniger Zeit zur Anpassung.

    1.4.5.5 Zeitweiser Parallelbetrieb

    Eine Möglichkeit, das Risiko etwas einzuschränken, besteht in dem Ansatz, das alte System der Informationsbeziehungen parallel zu betreiben. Diese Sicherheit wird sich allerdings auf Kosten einer, wenn auch zeitlich begrenzten Doppelarbeit erkauft. Im Gegensatz zur Terminumstellung besteht aber die Chance, Fehler problemlos auszugleichen.

    1.4.6 Zusammenfassung

    Der Aufwand für eine PPS-Realisierung im Unternehmen wird häufig unterschätzt. Die weitverbreitete Vorstellung, daß der Aufbau einer Produktionsplanung und -steuerung im Unternehmen allein durch den Kauf eines PPS-Systems realisiert werden kann, ist falsch.

    Vielmehr ist der Aufbau einer Produktionsplanung und -steuerung eine komplexe vielseitige Unternehmensfunktion, die von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sein kann und daher individuell gestaltet werden muß. Ein PPS-Software-Standardpaket kann deshalb im Rahmen der Umsetzung lediglich eine Unterstützung darstellen.