Elektronische Druckfarbe

Die elektronische Farbe erreicht bald Produktionsreife:

Elektrostatisch steuerbare Siebdruckfarbe revolutioniert den Werbe- und Verpackungsdruck 

Bis Mitte 2003 soll es soweit sein: eine Druckfarbe, die punktgenau von schwarz auf weiß wechselt, könnte dann die Tageszeitung mit 250 dpi auf die Cornflakes-Packung bringen.

Das US-Unternehmen E-Ink hat den Prototyp eines hoch auflösenden Active-Matrix-Displays mit elektronischer Farbe vorgestellt. Das 12-Zoll-Display lässt sich laut E-Ink (www.eink.com) in Handys, PDAs oder E-Books einsetzen und kann die Auflösung eines Notebook-Displays liefern. Das Lesen von Texten soll dabei so einfach wie das Lesen auf einem Papierhintergrund sein.

Kern des Displays sind Transistoren, die auf einem hauchdünnen Plastik-Substrat sitzen und von der elektronischen Farbe bedeckt sind. Diese besteht aus kleinen Kapseln (Durchmesser 0,1 mm), die mit einer tiefschwarz gefärbten Flüssigkeit gefüllt sind, in der mikroskopisch kleine, weiße Pigmentkugeln schwimmen. Erzeugt man über den Transistor ein elektrisches Feld innerhalb der Kapsel, bewegen sich alle weißen Kügelchen auf eine Seite und verdrängen dort die schwarze Flüssigkeit. Je nach Polarität lassen sich alle weißen Kugeln nach oben (weißer Punkt) oder unten (schwarzer Punkt) steuern. Dadurch werden Bilder, Buchstaben oder Zahlen erzeugt, die sich jederzeit neu anordnen lassen.

Displays sind im Siebdruck herstellbar

Die Mikrokapseln verhalten sich rheologisch wie ein Kolloid, können in ein Bindemittelsystem integriert und wie eine konventionelle Farbe im Siebdruckverfahren auf nahezu beliebige Bedruckstoffe gedruckt werden. Nimmt man als Substrat eine dünne Plastikfolie mit eingebetteter Transistormatrix, erhält man ein elektrisch ansteuerbares, sehr kontrastreiches Display mit einer Auflösung von rund 250 dpi. Die Bildwechselfrequenz liegt zwischen 1 und 10 Hertz, ist also für Bewegbilder nur bedingt geeignet.

E-Ink schätzt, dass die Technologie Mitte 2003 marktreif ist. "Das E-Ink-Display ist soweit fertig, dass wir mit führenden Display-Herstellern zusammen arbeiten können", sagte Jim Juliano bei der Präsentation in Massachusetts. Mit IBM konnte bereits ein erster Partner gewonnen werden.

Vorteile gegenüber anderen Display-Technologien

Im Vergleich zu CRT, LCD, LED und OLED-Anzeigen bietet das Produkt von E-Ink einige Vorteile. So ist die Helligkeit etwa sechs mal höher als bei einem reflektiven Flüssigkristalldisplay: der Kontrast übertrifft auch bei hellem Umgebungslicht den einer gedruckten Zeitungsseite. Der Betrachtungswinkel spielt keine Rolle.

Da elektrische Energie nur zur Änderung, nicht aber zur Aufrechterhaltung des Anzeigestatus benötigt wird, können portable Geräte länger netzunabhängig betrieben werden. Die einmal erzeugte Farbpunktmatrix soll angeblich auch ohne ein elektrostatisches Feld wochenlang stabil bleiben.

Auch Textilien sind damit bedruckbar

Im Siebdruckverfahren lassen sich alle Materialien (auch Papier), alle Oberflächenformen und sogar Textilien mit der elektrischen Farbe bedrucken. Die Steuermatrix lässt sich genauso einfach aufbringen. Aktive Systeme mit integrierter Steuermatrix, wie etwa elektronische Bücher, können per Kabel oder Funksschnittstelle jederzeit neu bebildert werden. Die aktive Lösung bietet sich auch bei allen Haushaltsgeräten an: etwa die Kaffeekanne, die die Temperatur in ihrem Inneren auf ihrer Oberfläche anzeigt, oder die Fernbedienung, deren Gehäuse die Farbe wechselt, wenn die Batterien leer sind.

Im größeren Maßstab können Werbetafeln und Preisschilder im Supermarkt oder ganze Hausfassaden zu variablen Informationsträgern gemacht werden, die ihre Inhalte via Internet beziehen.  Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Das in Cambridge ansässige Unternehmen E-Ink ist ein Spin-off des MIT und kooperiert heute mit Konzernen wie Lucent und Philips, die die große Zukunft  der elektronischen Farbe in stromsparenden Handy-Displays sehen. Zu den Investoren gehört aber auch der Zeitungsgigant Hearst Corporation.

Die Technologie von E-Ink wird das konventionelle Buch ganz sicher nicht ersetzen. Aber es wäre schon praktisch, wenn ich mein Telefonbuch in wenigen Jahren nicht mehr von der Post nach Hause schleppen müsste, sondern am PC jederzeit auf den neuesten Stand bringen könnte.

Roland Dreyer

<<Bildlegenden>>

Bild <High res text.tif>
Mit einer Auflösung von 250 dpi kann die „elektronische Farbe“ auch kleine Schriften gut darstellen.

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Tageszeitungen erhalten mit den billigen Displays neue Werbemöglichkeiten

Bild <Eckerd1.tif, Eckerd2.tif>
Im Supermarkt lassen sich Werbebotschaften und Preise jederzeit ändern.

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Durch ein elektrisches Feld wechselt eine Mikrokapsel (Durchmesser 0,1 mm) ihre Farbe und behält sie wochenlang.

Bild <Microcapsuleclose-up.tif>
Die Nahaufnahme zeigt die Farbstruktur der elektronischen Farbe, hier noch blau/weiß. Sie kann im herkömmlichen Siebdruckverfahren auf praktisch jede Oberfläche gedruckt werden.