Artikel über Media Asset Management

Wo findet das Visual Asset Management künftig statt?

Verliert die Druckvorstufe das Monopol am Bild?

Bilder sind ein Kapital, das nur selten bilanziert wird. Fotografen schürfen diese Schätze, Labors veredeln sie und Unternehmen können ohne den Rohstoff Bild fast nicht mehr kommunizieren. Und dennoch liegen diese "Visual Assets" vielerorts noch in einer Schublade oder verschimmeln gar in feuchten Kellern, anstatt Zinsen und Erträge zu erwirtschaften: erst Bilddatenbanken machen das visuelle Kapital mobil und profitabel.

Anwender in der Industrie, aber auch Organisationen wie Museen, Archive und Kliniken entdecken immer mehr den Wert Ihrer Bilder. Doch analoge Bildarchive mit Fotos, Dias, Glasplatten, Zeichnungen, Grafiken usw. sind nicht nur vom Verfall bedroht, sie sind auch mit wachsendem Umfang nicht mehr oder nur mit enormen Kosten handhabbar. Professionelle Anwender sind nicht mehr bereit, die Kosten für analoge Diaduplikate oder ein wiederholtes Scannen zu bezahlen. Ein Scan muss für alle späteren Verwendungen genügen.

Das missfällt den klassischen Druckvorstufenbetrieben natürlich gleich aus zwei Gründen. Einmal waren die Wiederholungs-Scans „in Profiqualität“, also auf teuren Trommelscannern, ein lukratives Geschäft. Und zum anderen zwingt die Trennung von Scan und Verarbeitung zu einem völlig anderen Denkansatz und wohl auch zu einem anderen, vor allem aber einem standardisierten Workflow. Denn solange die spätere Verwendung des Scans noch nicht einmal absehbar ist, verbietet sich der klassische Weg, das Bild druckfertig sofort in CMYK zu speichern.

Hinter dem „CMYK-Wahn“ steht keineswegs die von Aussenstehenden oft schnell herbeizitierte Abzockermentalität. Die Lage vieler grafischer Betriebe ist objektiv tragisch. Sie sind vom Strukturwandel in der Branche völlig überrollt worden. Viele haben sich in den letzten Jahren zu wenig um Weiterbildung bemüht, es lief ja schließlich auch so ganz gut. Abgesehen davon ist ein Drucker oder ein kreativer Reproide, der schon froh ist, wenn er die Apfeltaste findet, nicht dazu berufen, sich mit TCP/IP und ODBC zu befassen. Und die Idee, jetzt einfach neue Mitarbeiter mit IT-Kompetenz einzustellen, um den Sprung in die neue Medienwelt doch noch zu schaffen, zerschellt am derzeitigen Fachkräftemangel und den Gehaltserwartungen der wenigen IT-Experten, die sich dann doch noch auf eine Stellenanzeige melden. Vielleicht muss unsere Branche auch bei der Fachkräftebeschaffung umdenken. 

Medienneutralität ist das Gebot der Zeit

Der Autor erfährt immer wieder von geradezu erschütternden Beziehungsdramen zwischen großen Industrieunternehmen und ihren Reprodienstleistern, die ihre Stirn erst mal in Falten legen, wenn ihnen ihr Kunde etwas von medienneutraler Datenhaltung erzählen will. Reproduktion und Druck von Farbbildern ist schließlich für die meisten Menschen immer noch ein Mysterium, das Gutenbergs Jünger bei sich hüten. Der Kunde braucht ja nicht zu verstehen, warum ein Scan Hundert Mark und mehr kostet. Er muss es nur schlucken.

Doch die Zeiten ändern sich, nicht nur beim Fliegen. Die Unternehmen aller Branchen sind inzwischen so für das Thema Kosten sensibilisiert, dass sie keiner ihrer Abteilungen mehr unbesehen abnehmen, bestimmte Ausgaben seien unvermeidbar. So rückt auch der Aufwand für Bilder immer stärker in das Interesse des Controlling. Und das aus guten Gründen: die direkten und indirekten Kosten für das physische Handling analoger Bilder von den Suchzeiten über die Laborkosten für Duplikate und Mehrfachscans bis zu den Ausgaben für Kuriere gehen in Großunternehmen jährlich in die Millionen.

Die zeitliche Trennung von Scan und Bildverwendung läßt gar keine andere Wahl: Bilder müssen in einem maximal großen Farbraum in der größtmöglichen Auflösung und möglichst frei von Artefakten (Schärfung) als Rohdaten gespeichert werden.

Wer speichert die Bilder?

Manchmal scheint es, als ob die druckfernen Anwender die Notwendigkeit eines standardisierten Bilder-Workflows, an dessen Beginn die medienneutrale Digitalisierung steht, schon besser verstanden haben, als viele Fachleute der Druckvorstufe. Jedenfalls nimmt die Akzeptanz der Idee einer zentralen unternehmensweiten Bilddatenbank in allen Branchen zu. Vor allem Großunternehmen mit weltweiten Niederlassungen profitieren bereits heute von der elektronischen Distribution ihrer Bilder über das Internet.

Dabei ist es keineswegs ausgemacht, dass die „Bilddatenbank im Haus“ für jeden Anwender die optimale Lösung ist. Der Aspekt, das gesamte Image Management im Outsourcing an einen externen Bilddienstleister zu vergeben, wird wohl aus ganz anderen Gründen zu wenig berücksichtigt. Viele Dienstleister in der Druckvorstufe haben entweder die Marktchance noch nicht erkannt, die sie mit einem Hosting Service für die Daten ihrer Kunden hätten. Oder sie sind schlichtweg fachlich überfordert, weil ihnen die Materie zu komplex ist.

In der Tat ist schon ein gehöriges Maß an IT-Kompetenz gefragt, um sich im derzeitigen Angebot an Systemen für die Bildarchivierung zurechtzufinden. Die Gefahr, dabei aufs falsche Pferd zu setzen, ist schon allein deshalb sehr groß, weil auch vielen Datenbankanbietern die Kompetenz für das digitale Bild, für Farbräume und Color Management fehlt. Für die meisten Anbieter sind Bilder irgendwelche Dateien, BLOBs (Binary Large Objects), und es ist ihnen aus ihrer Perspektive völlig gleichgültig, ob ihre Kunden nun RGB- oder CMYK-TIFFs speichern. Viele wissen noch nicht einmal, was dabei der Unterschied ist. Und Color Management? Gott behüte, woher soll ein Informatiker wissen, was das ist, wenn es noch nicht mal die Druckvorstufler begriffen haben, die weiterhin nur auf CMYK eingestellt sind, und sonst gar nichts.

Die Medienvorstufe ist gefordert

Wenn dann gar noch druckferne Medienformate wie Office-Dateien, CAD, Audio, Video, HTML oder XML angefragt werden, geht bei der Mehrzahl der Vorstufenbetriebe sowieso das Licht aus. Hier sind ohnehin nur noch Mediendienstleister in der Diskussion, für die der Druck lediglich eine von mehreren Alternativen des Publishing ist.

Das Thema „Visual Asset Management“ steht derzeit vor allem deshalb so hoch im Kurs, weil es konsequent in den Hype um Content und Knowledge Management passt. In praktisch jedem Unternehmen liegen Wissens- und Informationsbestände zwar schon digital als Dokumente in unterschiedlichen Formaten vor, sind aber in der Regel nicht zentral verfügbar. So kommt es zu Mehrfacherfassungen – bei Bildern ein besonders teures Unterfangen. Vom wirtschaftlichen Nutzen einer weltweiten Verfügbarkeit und Recherchierbarkeit dieser Wissens- und Informationsbestandes ist man vielerorts noch weit entfernt.

Zunehmend mehr Dokumente werden durch „Rich Media“, also Bilder, Videos und Töne ergänzt oder ersetzt. Reine Dokumenten-Management- oder Bilddatenbanksysteme können diese Inhalte nicht mehr verwalten. Deshalb ist eine zentrale Anforderung an multimediale Content Management Systeme, alle diese Informationen einpflegen, strukturiert verwalten, archivieren und in Print und Internet publizieren zu können, damit sie nicht nur unternehmensweit sondern auch weltweit abrufbereit sind. Die Anzahl der dabei zu bearbeitenden Dateiformate kann in die Hunderte gehen: die Qualifikation einer Datenbank besteht u.a. in der visuellen Präsentation möglichst vieler Formate auf ihrer eigenen Benutzeroberfläche („integrierter Viewer“).

Messen Sie IM-Lösungen an Standards, Internet und Workflow

Da man sich und seine Kunden mit dem falschen Produkt ganz gewaltig in die Nesseln setzen kann, ist die Einschaltung eines unabhängigen Beraters sicherlich eine Erwägung wert. Auf die IM- Marktstudie des Autors und eine Aufstellung der Basisanforderungen an eine MAM-Lösung sei hingewiesen..

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Der Druck ist nur eine von vielen Verwendungen für Scans. Bilder müssen heute medienneutral gespeichert werden.

Das Farbmanagement ist ein wunder Punkt bei allen, die mit digitalen Bildern umgehen.

CMYK ist und bleibt ein Zwerg unter den Farbräumen: für Bilddatenbanken absolut ungeeignet!

Moderne Dateiformate wie ImagePac und FlashPix werden in Ihren Vorteilen nioch immer unterschätzt.